Der Zeitpunkt dieser getroffenen Massnahme überrascht. Just vor knapp einem Jahr, am 20. Mai 2016, hat die Plenarversammlung der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK ihre «Empfehlungen zu unbegleiteten minderjährigen Kindern und Jugendlichen aus dem Asylbereich» zuhanden der Kantone verabschiedet. Bereits in der Einleitung wird den Kantonen empfohlen, UMA in erster Linie als Kinder und Jugendliche zu behandeln, bei allen Entscheidungen das übergeordnete Kindesinteresse vorrangig zu wahren, den spezifischen (Schutz-)Bedürfnissen von UMA Rechnung zu tragen und ihre Anliegen und Wünsche wenn immer möglich und sinnvoll zu berücksichtigen.
UMA als Kinder und Jugendliche zu behandeln heisst nichts anderes als sie so zu behandeln, wie wir es auch für unsere eigenen Kinder wünschen. Wir alle wissen von der Wichtigkeit eines stabilen familiären Rahmens je jünger ein Kind ist. In den erwähnten Empfehlungen schreibt die SODK zur Unterbringung in Pflegefamilien unter anderem, dass Kinder unter 12 Jahren in Pflegefamilien untergebracht werden sollen und dass diese Altersgrenze von 12 auf 14 Jahre nach Möglichkeit anzuheben ist. Wie oben erwähnt, sollen auch die Wünsche der betroffenen Kinder berücksichtigt werden.
Der ADEM ist es durchaus bewusst, dass die Aufnahme einer oder eines UMA in einer Pflegefamilie eine grosse Herausforderung für alle Beteiligten darstellt. Richtigerweise stellt die SODK fest, dass Pflegefamilien vorgängig sorgfältig auszusuchen, auf ihre Aufgabe vorzubereiten und während der ganzen Aufnahme professionell zu begleiten sind. Dass die Pflegefamilienplatzierung und deren professionellen Begleitung nicht kostenlos sind, versteht sich von selbst. Es stimmt aber sehr nachdenklich, dass die erfolgte Massnahme offenbar unter anderem aus Spargründen – und dies auf dem Buckel einer der vulnerabelsten Kindergruppe – geschehen ist. In einem Land, das traditionsgemäss die Menschenrechte respektiert und seine internationalen Verpflichtungen wahrnimmt, sind Einsparungen zu Lasten von einer der verletzlichsten Kindergruppen nicht akzeptierbar. Die Mitgliedsorganisationen der ADEM stehen den Verantwortlichen des Kantons Aargau sehr gerne zur Verfügung für einen Austausch bezüglich Pflegefamilienplatzierungen und für Ideen, wie diese kindsgerecht aber auch kostenbewusst umgesetzt werden können. Die ADEM teilt die Ansicht der zuständigen Regierungsrätin nicht, dass eine temporäre Integration die Rückkehrfähigkeit von Asylsuchenden vermindert. Die ADEM stellt sich vielmehr auf den Standpunkt, dass der politische Diskurs und die Frage der Pflegefamilienplatzierung, die sich ausschliesslich nach den individuellen Bedürfnissen und dem Wohl des betroffenen Kindes richtet, in keiner Weise vermischt werden darf. Wir gehen fest davon aus, dass die Kinderschutzbehörden im Kanton Aargau, die im Rahmen ihrer Behördentätigkeit unter anderem dafür besorgt sind, dass das übergeordnete Kindesinteresse aller Minderjährigen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, gewahrt bleibt, adäquat auf diesen Pflegefamilienplatzierungsstopp reagieren wird.